Der Mann, der den Atomkrieg verhinderte
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In der Kubakrise hat der sowjetische Marine-Offizier Wassili Archipow einen möglichen Atomangriff auf die USA abgewendet. Nun wurde er dafür ausgezeichnet
Die Welt stand am Abgrund an diesem Tag. Ein Missverständnis hätte beinahe dazu geführt, dass Millionen Menschen sterben, ja, dass vielleicht sogar die gesamte Zivilisation ausgelöscht worden wäre. Die Notbremse hat Wassili Archipow gezogen, ein damals 34-jähriger Marine-Offizier der Sowjetunion.
Die dramatische Geschichte spielt am 27. Oktober 1962, mitten in der Kubakrise. Das sowjetische U-Boot B-59 ist in der Nähe von Kuba von mehreren US-Schiffen in die Enge getrieben worden. Die Crew an Bord hat schon seit Tagen keinen Kontakt mehr nach Moskau, weiß nicht, ob ein dritter Weltkrieg möglicherweise schon begonnen hat. Plötzlich fangen die US-Amerikaner an, Wasserbomben zu schmeißen. Dieses Vorgehen soll das U-Boot dazu bewegen, aufzutauchen und zu verschwinden. Moskau ist darüber von den USA informiert worden, doch die U-Boot-Besatzung weiß von nichts.
„Wir dachten, das ist das Ende“, erinnert sich später ein Crewmitglied. Die Temperatur an Bord steigt auf über 45 Grad Celsius, mehrere Leute fallen durch den hohen CO2-Gehalt in Ohnmacht, und mitten in der Panik kommt der Kapitän auf eine fatale Idee: unsere Atombombe! An Bord ist nämlich ein Atomtorpedo, von dem wiederum die US-Amerikaner nichts wissen. Und die sowjetische Crew darf ihn sogar abfeuern, ohne das mit Moskau zu klären.
Der Kapitän ruft: „Vielleicht hat der Krieg schon begonnen!“ Er will die US-Schiffe mit der Atomwaffe angreifen. „Wir werden sterben, aber wir werden sie alle versenken! Wir werden unsere Marine nicht blamieren!“
Das Zusammenspiel von Wasserbomben, extremer Hitze, Stress und Isolation von der Außenwelt hätte beinahe zur Katastrophe geführt. Aber der Abschuss der Nuklearwaffe musste von drei Leuten im Boot freigegeben werden und einer sagte Nein: Wassili Archipow. Wahrscheinlich hat er mit seiner Entscheidung einen Atomkrieg verhindert.
Genau 55 Jahre nach dieser mutigen Handlung, rund 19 Jahre nach seinem Tod, wird er dafür mit dem „Future of Life“-Preis geehrt. Die Auszeichnung wird von der Non-Profit-Organisation „Future of Life Institute“ (Institut für die Zukunft des Lebens) vergeben und honoriert außergewöhnliches Engagement für das Überleben der Menschheit.
Vor wenigen Tagen, am 27. Oktober 2017, sind seine Tochter Elena und sein Enkel Sergej nach London gekommen und haben den Preis entgegengenommen. Elena erklärte, dass ihr Vater „immer dachte, dass er tat, was er tun musste“. Sein Handeln habe er nie als eine Heldentat gesehen.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf der deutschen Seite der International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (https://www.icanw.de/)
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